Die Festlegung auf nur ein Geheimnis für jede der acht Kanarischen Inseln stellt ein Vorhaben dar, das unausweichlich zu Einseitigkeit führen kann und möglicherweise nicht allen Ansprüchen gerecht wird. Um dieser Herausforderung zu begegnen, habe ich einen alternativen Ansatz gewählt. Anstelle mich auf ein einzelnes Mysterium je Insel zu beschränken, empfehle ich jeweils einen charakteristischen Ort auf jeder Insel, an dem sich unterschiedliche Geheimnisse und außergewöhnliche Ereignisse kreuzen.
Diese speziellen Plätze verdeutlichen zusammen das umfangreiche und tief verwurzelte mystische Erbe des Archipels, welches aus einem breiten Spektrum an Geheimnissen, Überlieferungen, esoterischen Traditionen und außergewöhnlichen Geschichten besteht. Diese habe ich gründlich in meinem Buch „Magischer Führer zu den Kanarischen Inseln“ beleuchtet, welches aktuell erneut veröffentlicht wird.
DER GELBE BERG (DIE INSEL LA GRACIOSA)
Wir beginnen unsere Reise mit dem Gelben Berg von La Graciosa. Legenden erzählen von der Existenz eines verborgenen Schatzes in diesem Berg, der in seiner Vergangenheit ein Zufluchtsort für Piraten und Freibeuter war. Dieser Schatz, so wird gemunkelt, wurde einst durch ein kryptisches Zeichen angezeigt, mit mysteriösen Lichtern rund um den Ort, von denen man annimmt, dass sie die Geister darstellen, die mit dem verborgenen Reichtum verbunden sind.
Darüber hinaus ist der Berg mit einer verzauberten Geschichte verknüpft, die der italienische Dichter Torcuato Tasso in seinem Buch «Das befreite Jerusalem» erzählt, in dem er die Insel als einen verzauberten Zufluchtsort beschreibt. In dieser Erzählung dient der Gelbe Berg, oder Montaña Armida, wie er möglicherweise ursprünglich hieß, als magischer Zufluchtsort für die Liebesgeschichte zwischen Reinaldo und Armida, bewacht von mystischen Kreaturen und einer zum Lachen anregenden Quelle.
VEGUETA (GRAN CANARIA)
Die belebten Straßen von Vegueta, der Hauptstadt Gran Canarias, sind von Geheimnissen umwoben. Jenseits der angeblichen Geister, die im Justizpalast spuken, liegt die Casa de Colón, die eine lebensgroße Nachbildung der kryptischen Piri-Reis-Karte beherbergt, die angeblich vor der Entdeckung durch Kolumbus entstand.
In der Nähe dieses historischen Komplexes befindet sich die Kathedrale Santa Ana, die nach himmlischen Ereignissen ausgerichtet ist und die unzerstörten Überreste des Bischofs Buenaventura Codina beherbergt. Nicht weit davon entfernt bewahrt das Museo Canario antike Reliquien und die umfangreichen Aufzeichnungen der Heiligen Inquisition auf und vertieft damit das historische Rätsel der Gegend.
Diese Geschichten und Schauplätze sind nur der Anfang, um das komplexe Geflecht aus Überlieferungen und Geheimnissen zu enträtseln, das die Kanarischen Inseln in sich bergen und das zum reichen kulturellen und mystischen Erbe der Inseln beiträgt.
DIE FESTUNG VON CHIPUDE (LA GOMERA)
Die Festung von Chipude in Vallehermoso auf La Gomera ist ein bedeutender mystischer und mächtiger Ort, der oft mit dem legendären Argodey in Verbindung gebracht wird. Dieser Ort ist nicht nur ein wichtiges kulturelles Wahrzeichen, sondern auch ein heiliger Ort, was durch archäologische Funde bestätigt wird. Diese Funde weisen auf rituelle Stätten hin, die für die Einäscherung von Tieren und möglicherweise für astronomische Beobachtungen genutzt wurden und die an die Traditionen in der nahe gelegenen Höhle von San Blas anknüpfen.
Historische Aufzeichnungen, u. a. von René Verneau und dem örtlichen Priester José Fernández Prieto, unterstreichen die langjährigen spirituellen Praktiken an diesem Ort. Die nahe gelegene Vega Abajo deutet zudem auf Geschichten über eine gequälte Seele und verborgene Reichtümer hin und ergänzt damit den reichen mystischen Wandteppich der Insel.
KIRCHE VON PÁJARA (FUERTEVENTURA)
Die Kirche Nuestra Señora de Regla in Pájara auf Fuerteventura ist geheimnisumwittert und zeigt Symbole und Motive, die die typische christliche Ikonographie in Frage stellen. Die aus dem 17. Jahrhundert stammende Fassade zeigt eine Reihe von rätselhaften Symbolen, die aus hermetischen Traditionen stammen und sich in einen christlichen Rahmen einfügen.
Dieses kirchliche Bauwerk ist mit präkolumbianischen Figuren, Darstellungen, die an den persischen Zoroastrismus erinnern, und Symbolen, die auf eine tiefe Verbindung mit den Zyklen der Natur und des Kosmos hinweisen, geschmückt und bietet einen einzigartigen Einblick in die synkretistische Kulturgeschichte der Insel.
EL PASO (LA PALMA)
In El Paso auf La Palma befinden sich die historische Stätte der Alma de Tacande und der legendäre Pino de La Virgen. Ersterer ist der Ort, an dem 1628 das erste aufgezeichnete paranormale Ereignis in Spanien stattfand, während letzterer ein ehrwürdiger Baum ist, der mit religiöser Verehrung und Inselüberlieferungen verbunden ist. Diese Stätten bieten zusammen mit alten Felszeichnungen einen tiefen Einblick in das mystische Erbe der Insel und die spirituellen Praktiken der einheimischen Benahoriten.
Das Engagement der Gemeinde für die Erhaltung dieser rätselhaften Stätten zeigt sich im Interpretationszentrum von Benehauno, das als Tor zur Erkundung der unzähligen Höhlenstationen und ihrer kryptischen Einritzungen in der gesamten Region dient.
TEGUISE (LANZAROTE)
Das historische Zentrum von Teguise, ein wahres Schmuckstück, ist das Zentrum zahlreicher rätselhafter Geschichten und ungewöhnlicher Phänomene. Unter ihnen sticht die umstrittene Anwesenheit des Geistes des berühmten Bürgermeisters Severino Bethencourt Ramírez hervor. Berichten zufolge soll er sich in seinem alten Haus, insbesondere in der Nähe der ehemaligen Bodega, herumtreiben, schwarz gekleidet sein und einen Hut aufsetzen. Interessanterweise befindet sich dieses Haus in der Nähe der Calle El Duende, was auf einen Zusammenhang mit der lokalen Folklore über bösartige Geister hindeutet, von denen man annimmt, dass sie die unruhigen Seelen von ungetauften Kindern sind.
Die Geschichte der Gegend ist reich an Geschichten über Spuk und mysteriöse Ereignisse, wie sie beispielsweise von Juan Bethencourt Alfonso zu Beginn des 20. Jahrhunderts dokumentiert wurden. Die kulturellen Traditionen von Teguise, wie das «Diabletes»-Festival während des Karnevals – eine Mischung aus lokalem Glauben und franziskanischem Synkretismus – und seine von Piraten heimgesuchte Vergangenheit, insbesondere in der blutverschmierten Callejón de La Sangre, tragen zu seiner Mystik bei.
LA CONCEPCIÓN IN LA OROTAVA (TENERIFFA)
In La Orotava ist die Kirche La Concepción von Geheimnissen umgeben, vor allem von ihren einzigartigen Wasserspeiern, die an alte Fruchtbarkeitssymbole erinnern, die auch in anderen europäischen religiösen Stätten zu finden sind. Das Innere der Kirche ist nicht weniger faszinierend, mit Reliefs, die neben traditionellen christlichen Themen auch tiefe hermetische Bedeutungen haben.
Es ist rätselhaft, ob diese heilige Stätte ursprünglich ein Machtbereich der Guanchen war. Die umliegenden Gebiete wie die Jardines Victoria und die Kirche San Francisco ergänzen die reiche historische und mystische Landschaft von La Orotava um weitere Facetten.
EL JULAN (EL HIERRO)
Unsere Erkundung endet auf El Hierro, einer Insel voller Mythen und Geschichte, insbesondere in El Julan. Dieser Ort ist bekannt für seine geheimnisvollen Felsinschriften und seine archäologische Bedeutung. Die prähistorischen Gravuren und die ruhige, kraftvolle Landschaft regen die Fantasie an.
El Julan mit seinem Tagoror (Versammlungsplatz), seinen Muschelhügeln und Höhlen ist ein Zeugnis der alten Kultur der Insel und lädt den Besucher zu einer tiefen Begegnung mit der Vergangenheit ein. Das umliegende vulkanische Gelände und der weite Ozean verstärken das Gefühl von Geheimnis und Abgeschiedenheit und machen die Insel zu einem ergreifenden Halt auf unserer Reise durch das rätselhafte Erbe der Kanarischen Inseln.